Samstag, 27. Februar 2010

Radio-Lora-Fest

Wer in München während der letzten Wochen nichts vom olympischen Theater in Vancouver hören wollte (hinter dessen Wiederholung im Jahre 2018 das Rathaus dieser Stadt her ist, was zusammen mit einem lästigen Nationalismus dafür sorgte, daß die Reportagen aus Kanada umso mehr in den Medien, das öffentliche Radio eingeschlossen, widerhallten), der tat gut daran, sein Radio auf die Frequenz 92,4 MHz einzustellen, der Wellenlänge von Radio Lora.

Lora München - das Freie Radio ist ein lokaler Radiosender, der die Stadt München und sein Umland (ungefähr 2 Millionen Einwohner) erreicht. Er sendet von Montag bis Freitag von 17:00 h bis 24:00 h; via internet läßt er sich ebenfalls hören, den ganzen Tag lang und natürlich in der ganzen Welt.

Es ist nicht das einzige lokale Radio dieser Stadt, aber seines Inhalts wegen durchaus das einzige, so, wie es das Motto des Senders herausstellt: Der Inhalt macht den Unterschied; so stellt sich dieser Sender selbst dar:

LORA München ist die unabhängige Stimme gegen den Medienmainstream in München. LORA München ist ein Wortradio – frei von staatlicher Einflussnahme. Unser Anspruch ist, kritische Gegenöffentlichkeit zu schaffen. LORA München versteht sich als Forum für gesellschaftlich engagierte Initiativen, Organisationen und Institutionen. Das breite Spektrum unserer Redaktionen spiegelt die Pluralität der Stadtgesellschaft wider.

Dieser Aufgabe widmen sich etwa 200 Personen - ehrenamtlich! Die übrigen Kosten decken eine vom Land Bayern gewährte Unterstützung sowie der Mitgliedsbeitrag der knapp 500 Mitglieder des Fördervereins.

Ein solch lobenswertes Unterfangen sowie die von derart vielen Menschen geleisteten Anstrengungen verdienen mit einem jährlichen Fest gewürdigt zu werden:

Die Gelegenheit zum direkten Kennenlernen derjenigen Mitarbeiter der verschiedenen Redaktionen, von denen man bisher nur die Stimme kannte! Von professionellen Mitarbeitern im engeren Sinn des Wortes gibt es nur wenige, die Mehrheit derer, die den Erfolg dieses Senders ermöglichen, sind Personen, die ihrer Vorstellung von der Notwendigkeit und der Funktion eines Radios dieser Charakteristiken wegen dabei sind.- Mehr als einer der Redakteure betonte die Freiheit zur Meinungsäußerung, die es in diesem Sender gibt und die im öffentlichen Radio fehlt, wo stets die unsichtbare Schere im Kopf dafür zu sorgen hat, daß gewisse Ideen nicht zum Ausdruck gelangen.

Außer musikalischen Darbietungen gab es Tanzvorstellungen - unter dem Motto Tanzen ohne Grenzen:

... und ferner musikalische Poesie (mit Texten von Erich Mühsam, Frank Wedekind, Bertolt Brecht etc):

Freitag, 5. Februar 2010

Atomares Zwischenlager in Campo de San Pedro?

Campo de San Pedro ist ein Dorf in der Provinz Segovia, das zwar noch als klein angesehen werden muß (etwa 360 Wahlberechtigte), das aber etwas mehr als die umliegenden Dörfer hat: 3 Wirtschaften, 2 Sparkassen, ein Reisebüro, ein Gewerbegebiet ...

Es ragt außerdem einiger ziemlich hoher Silos wegen heraus, die nicht nur der Lagerung des Getreides dienen, sondern für eine unglaubliche Zahl von Störchen eine Basis für deren Nester bilden. Vom obersten Geschoß aus sieht man sowohl den Ort (im Vordergrund ein Storchennest):

... als auch jenseits der Bahngleise die umgebende Landschaft:

Es gibt eine Bahnstation, auf der kein Zug mehr hält:

Ohne Halt fahren pro Tag zwei Züge durch, von Burgos nach Madrid und umgekehrt:

In den vergangenen Wochen gab es Anzeichen, daß sich das ändern kann, denn die Gemeindeverwaltung von Campo de San Pedro hat bei der Zentralregierung in Madrid darum gebeten, daß man ein atomares Zwischenlager (andere drücken es deutlicher aus: einen Friedhof radioaktiver Abfälle) auf ihrer Gemarkung errichten möge.

Um genauer zu sein: zunächst war die Ablehnung der Bevölkerung gegen diesen Nuklearfriedhof derart stark, daß der aus 7 Mitgliedern bestehende Gemeinderat am 24. Januar diesen Jahres beschloß, sich nicht beim Ministerio de Industria in Madrid um den Zuschlag jenes Zwischenlagers zu bemühen. Am 2. Februar aber trat er erneut und dieses Mal heimlich zusammen, und jetzt sagte er Ja, er möchte den Friedhof nuklearer Abfälle in seiner Gemeinde haben.

Und auffällig ist, daß das Ministerium in Madrid sofort diesen Antrag in die Liste der übrigen Kandidaturen aufnahm, obgleich die Einreichungsfrist bereits am 29. Januar abgelaufen war. Es scheint mächtige Interessen zu geben, die bewirken, daß man sich nicht an die in der Ausschreibung festgesetzte Frist hielt.

Falls die Mauscheleien weitergehen und Erfolg haben, wird es eines Tages mehr und tragfähigere Eisenbahngleise geben, die Campo de San Pedro mit dem Rest Spaniens verbinden, aber im schlechtesten Fall auch weiterhin keinen Personenzug, der dort hält. In der Tat ist der damit einhergehenden Gefahr wegen der Transport radioaktiver Güter auf der Schiene vorzuziehen, und vor diesem Hintergrund ist es umso besser, je weniger die Schienen von anderen Dienstleistungen benutzt werden; so könnte man es auch besser verstehen, warum an einem Nuklearfriedhof ausgerechnet in Campo de San Pedro ein derartiges Interesse besteht.

Auch wird man dann die Breite dieser Straße und den Verkehr auf ihr vervielfacht sehen, die von Campo de San Pedro zum Terrain führt, auf dem das Zwischenlager angelegt würde:

Letzte Meldung: Für den Nachmittag des 4. Februar wurde eine weitere Sitzung der 7 Gemeinderatsmitglieder einberufen; in der wurde (mit 6 Stimmen dafür und 1 Stimme dagegen) beschlossen, die Kandidatur Campo de SAn Pedros für ein atomares Zwischenlager zurückzuziehen.

Ich zitiere aus El Adelantado de Segovia, der Zeitung der Provinz: An dieser Stelle hört der Film erst einmal auf ...

Bei meinen Bemerkungen beschränkte ich mich auf den lokalen Aspekt der Angelegenheit. Den anderen und wichtigeren Aspekt ließ ich beiseite: Wie kann man eine Entscheidung von derartiger Tragweite, wie sie die Frage des Standortes des ersten und einzigen atomaren Zwischenlagers in Spanien bildet, einer Ausschreibung überlassen, an der sich jede auch noch so kleine Gemeinde beteiligen kann? Warum sehen es die Madrider Zentralverwaltung sowie die der Comunidades Autónomas (in etwa: die Länder) sie nicht als ausschließlich in ihrer Kompetenz und Verantwortlichkeit liegend an? Das aber bildet ein anderes Kapitel ...