Sonntag, 31. Juli 2011

Mittelalterfest in Ayllón

Die Mittelalterfeste und -märkte bleiben in Mode. Gestern und heute findet dieses Ereignis in Ayllón statt:

Dieses Mal eignet sich ein historisches Ereignis dazu, diesem Fest zu mehr Inhalt und zu mehr Hintergrund zu verhelfen: man begeht die 600. Wiederkehr des Tages, an dem im Oktober 1411 der Vertrag von Ayllón unterschrieben wurde: "... in Ayllón treffen sich die Regenten von Kastilien mit der portugiesischen Abordnung, um einen bedeutenden Friedensvertrag abzuschließen. In ihm verspricht der König von Kastilien, auf seinen legitimen Anspruch auf den portugiesischen Thron zu verzichten, obgleich das nicht das letzte Mal sein würde, daß sich Kastilier und und Portugiesen in die Augen sehen ..." (zitiert nach einem von der Asociación Cultural Ayllón Medieval herausgegebenen Prospekt).

Der Markt mit einer Vielzahl von Ständen und Farben, und durch seine Straßen ziehen die, die mit ihrer Musik für den akustischen Hintergrund sorgen:
Selbstverständlich fehlt die Schänke nicht, in der man für einige Maravedis sich am Bier oder am Wein erfreuen kann, leider auf wenig mittelalterliche Weise in Plastikbechern serviert:
Die zwei von mittelalterlichen Lüften durchwehten Festtage wurden mit einem Konzert einer Gruppe aus der Provinz Segovia abgeschlossen, die seit Jahrzehnten für kastilische Folklore steht und die garantiert, daß der Platz bis an die Grenzen vom Publikum gefüllt wird:




Freitag, 29. Juli 2011

Geschichtsstudenten besuchen Katapult in Maderuelo

Welch' Überraschung, diese Aktivität, von der ich heute, und auch nur eher zufällig, erfuhr!

Die Vorgeschichte: die AEEA (Asociación Española de Esgrima Antigua = Spanische Vereinigung für alte Fechtkunst) führt zusammen mit der Fakultät für Geschichte der Madrider Universidad Complutense einen Sommerkurs durch. Es handelt sich um einen offiziellen und mit 8 Kreditpunkten hoch bewerteten Kurs (der Kreditpunkt ist so etwas wie die Einheit, in der man den Fortschritt und den Umfang universitärer Ausbildung mißt; für die, die mehr davon verstehen: es hat etwas mit dem europaweiten Bologna-Prozeß zu tun).

Und als Teil dieses Sommerkurses wurde ein Ortstermin bei der Wurfschleuder vorgeschlagen, die als Replik dieser Kriegsapparate so nachgebaut wurde, wie sie im Mittelalter benutzt wurden, und die in Maderuelo steht.

Zu Beginn der Demonstration der Funktionsweise der Wurfschleuder verteilte sich die Gruppe der Studenten auf der Aussichststerrasse, auf der bereits seit einer Reihe von Jahren dieses Gerät dauerhaft aufgestellt ist:

... die Vorbereitungsarbeiten seiner Ingangsetzung beobachtend:


Auf der Erde liegend sieht man eine der drei Wurfgeschosse, die heute mit dem Katapult verschossen wurden: die grüne Frucht nämlich, eine Wassermelone.

Mit dem gleichen Interesse wie die Studenten schauen einige Bewohner ds Dorfes den Vorbereitungen zu:

(Weder regnete es noch drohte Regen, die Regenschirme gelten einzig dem Schutz gegen die übermäßig heftig strahlende Sonne ...).

Schließlich wurden die Studenten dazu aufgefordert, ihre Kräfte zu vereinen, um das Gegengewicht der Wurfschleuder anzuheben, um es damit in die Lage zu versetzen, den Abschuß der Wassermelone zu realisieren:

Klar, in der damaligen Realität wurden Steine geschleudert ...

Nach dieser Anstrengung konnten sie vom Rand der Terrasse aus den Einschlag des Geschosses im Wasser des Stausees sehen:

Sonntag, 1. Mai 2011

Hof und Huesca und ihre Flughäfen

Was haben Hof (Stadt im Nordosten Bayerns) und Huesca (Hauptstadt der spanischen Provinz Huesca, der nördlichsten von Aragón) gemeinsam? Nicht mehr als den Anfangsbuchstaben des Namens, so scheint es, also nach der nächsten (zu befürchtenden) Reform der Orthographie - Abschaffung des 'h' ... - des Spanischen: nichts.

Nein, die beiden Städte haben nicht nur einen Flugplatz, sondern auch einen, der zu nichts nützt. Diese Flughäfen haben gemein, daß sie Dank der aus öffentlichen Mitteln stammenden Zuwendungen damit hervorragen, daß die Fahrkarte desjenigen, der vom Flughafen Hof abfliegt oder dort landet, mit 220 EUR subventioniert wird, und mit 700 EUR das Billet desjenigen, der vom Flughafen Huesca abfährt oder dort ankommt.- Quellen: Noch mehr Steuergeld für weniger Flüge, Süddeutsche Zeitung, Múnich, 30.4.2011. Aeropuertos para todos, El País "Domingo", Madrid, 1.5.2011.

Der Flughafen Huesca ist vom ersten April-Sonntag an für das laufende Jahr geschlossen, mangelnder Nachfrage wegen. Dem von Hof geht es besser: er ist dieses Jahr nur zwei Wochen geschlossen, weil die Gesellschaft, die diesen Provinzflugplatz anfliegt, den Verkauf von Fahrkarten eingestellt und erst dann wieder aufgenommen hatte, als sie sicher war, wieder einige Millionen EUR an Hilfe aus öffentlichen Mitteln einstecken zu können.

Die Daten: von Hof flogen 2010 weniger als 15.000 Passagiere ab. Huesca konnte 2009 mit 6.228 Passagieren rechnen (und war so der spanische Flugplatz mit den wenigsten Passagieren).

Samstag, 23. April 2011

Neutorbrücke Ulm

Eine touristisch derart interessante Stadt besuchend, kam mir nach der Ankunft mit dem Zug in den Sinn, die im Nordwesten des historischen Zentrums  gelegene Neutorbrücke zu besuchen:


Diese Brücke wurde 1906/07 errichtet. Mitte der 80er Jahre schien sie dazu verurteilt zu sein, abgerissen zu werden, aber dank einer von 1987 bis 1989 erfolgten Renovierung überlebte sie:


Unterhalb der Brücke vor allem die nach Stuttgart führenden Bahngleise:


Zwischen den Gleisen das Haus, in dem zu wohnen mir am meisten gefiele:


Auf dem Weg zurück ins historische Zentrum der Konstellation von Brücke und Münster gewahr werdend:

Sonntag, 10. April 2011

Freyburg (Unstrut)

Ja, Freyburg ist es, und nicht Freiburg (wie sich bedeutendere Städte in der Schweiz und in Deutschland und sicher einige Orte mehr nennen), eine Stadt mit ungefähr 5000 Einwohnern! Bereits wenn man sich Freyburg nähert, wird man dessen gewahr, daß es zwischen Weinbergen liegt, und (gestern) auf dem Wege vom Bahnhof in die Stadt und auf der Suche nach meinem Hotel ist die Bedeutung unübersehbar, die man hier der Traube zumißt:


Ich glaube, daß an den Plätzen, die man besucht, das Hotel normalerweise nicht großer Aufmerksamkeit wert ist, aber das Hotel, in das ich in dieser Stadt geriet - nicht aus Zufall, weil bei seiner Reservierung mich etwas anzog, obwohl ich nicht mit dem Fahrrad anreiste ... - verdient Erwähnung:


Es ist das Fahrradhotel Alte(r) Speiche(r), dessen Name ein Begriffsspiel einschließt: Alter Speicher / Alte Speiche.

Ein Hotel, von dem der Reisende träumt: geräumige Zimmer, die gut mit Tages- und elektrischem Licht versorgt sind, mit einem großen Tisch, um die Sachen darauf ablegen oder arbeiten zu können ... abends tat es mir beinahe leid, rauszugehen, um eine Runde durch die Stadt und ihre Wirtschaften zu drehen:


Vor der nächtlichen Erkundung des Ortes nutzte ich den Nachmittag, um mehr von ihm und den umliegenden Weinbergen zu sehen:

Es fehlt noch, das kennenzulernen, was abgesehen vom Wein, obgleich teils auch auf seiner Grundlage, sich als die große Industrie Freyburgs entwickelt hat: die des Sektes. 1856 wurde die Champagner-Fabrik gegründet, die sich heute Rotkäppchen (aber das hat nichts mit dem gleichnamigen Märchen zu tun, sondern bezieht sich nur auf die roten Überzüge, mit denen man irgendwann einmal die Korken der Flaschen zu bedecken beschloß) nennt.

Dem Betrieb ging es recht gut, was sich in einigen der Gebäude widerspiegelt, die noch aus dem 19. Jahrhundert stammen:


In der Mitte der Photographie, zwischen der Flasche (links) und dem Turm (rechts) sieht man die Kuppel eines Innenhofes, die Ende des 19. Jhdts. errichtet und mit einer Glasstruktur überdeckt wurde; heute steht das Ensemble als Beispiel für die Industriearchitektur jener Epoche unter Denkmalsschutz; hier sieht man es von innen:

Zentrale Attraktion, die der Führer zeigt, bildet das größte aus Holz hergestellte Cuvéefaß (in dem der Saft der Trauben gärt) Deutschlands:


Es wurde 1896 aus dem Holz von 25 Eichen hergestellt und hat ein Fassungsvermögen von 120.000 Litern, was der Produktion von 160.000 Flaschen Sekt entspricht.

Eingerahmte Zeichnungen und Werbeplakate hängen an einer der Wände dieses Innenhofes und erlauben den Versuch, die Spiegelungen des bedeutendsten Raumes des Unternehmens photographisch mit seiner Geschichte zu verweben:



Die wirtschaftliche Situation von Rotkäppchen durchlief Zeiten großer Geldnot, und einer der Wege, ihr zu entfliehen, war die Werbung; das Empfinden und den Stil der jeweiligen Epoche aufnehmend hinterließ uns die Druckgraphik gelungene Schöpfungen, wie diese, die in einem Flaschenlager der Sektkellerei aufgehängt ist:
 

Nachdem sich 1990 die Bundesrepublik Deutschland sich den anderen Teil ( die Deutsche Demokratische Republik, zu der Freyburg gehörte) einverleibt hatte, die Idee und Gestaltung der Werbung trug dazu bei, die Marke Rotkäppchen vom Ruf der Unterlegenheit und Überalterung zu befreien und ihn zu ersetzen durch die Attribute von Modernität und Zeitgemäßheit, die das Unternehmen in die Lage versetzten, seine das Überleben gefärdende Krise zu überwinden:


Die Kellerei Rotkäppchen zurücklassend und in den Ort zurückkehrend, bemerkt man bei einem weiteren Rundgang die architektonischen Überbleibsel eines Stils, wie man sie auf dem Territorium der ehemaligen D.D.R. noch viel häufiger findet als dort, was schon vor 1990 zur B.R.D. gehörte; fast nach allen paar Schritten findet man Hauseingänge wie diese:


Obgleich die Südeuropäer es nicht glauben werden oder nicht wissen wollen: mir schmeckten die Weine dieser Region, dem nördlichsten Weinanbaugebiet Europas, recht gut, sowohl die roten als auch die weißen Weine, die ich probierte. Ich gebe zu, daß ich kein Weinkenner bin - aber ich bin sicher, daß diese Fachleute im Weinverkosten nicht soweit gehen würden, den Leuten in Südeuropa recht zu geben.

Gewiß, die Weine schmeckten mir, aber eine andere Spezialität von hier, die Thüringer Bratwurst (Freyburg gehört zwar zum Land Sachsen-Anhalt, aber Thüringen ist sehr nahe)



begeisterte mich nicht. Aber weil sie hier so populär ist, es gibt Bratstände auf der Straße und es bilden sich davor Schlangen von hungrigen Leuten, probierte ich sie zweimal.

Für den, der die Würste brät, bildet es eine große Herausforderung, immer fertige Würste zur Verfügung zu haben, um der Nachfrage genügen zu können.- was beinahe unmöglich ist, wie man hier sieht: 3 fertige Bratwürste und daneben 4 erst vor wenigen Sekunden hingelegte:



In dem Moment, in dem die fertige Bratwurst in ein Brötchen gepackt und ausgehändigt wird, bildet eine bedeutende Frage die, ob der Kunde wenig oder normal viel Senf oder doppelt viel davon möchte (eine Präferenz, die am Preis nichts ändert); der Senf wird als lange Schlange direkt auf die Wurst aufgebracht:



Bevor ich mich von Freyburg verabschiede und zum Bahnhof gehe, kaufte ich in diesem Weinladen am Fuße des schönen Weinberges als Erinnerung eine Flasche Rotwein: