Bei all dem, was die Umweltschützer und zugleich die Freunde der Eisenbahn gegen den spanischen Eifer zum Ausbau von Hochgeschwindigkeitsstrecken sagen - und sie sagen es mit größter Berechtigung!: früher war es undenkbar, heute ist es möglich, im Bus von einem Dorf in der Provinz Segovia nach Madrid zu fahren, von dort mit dem Zug nach Barcelona, und anschließend mit dem Zug bis Port Bou, dort noch bei Tageslicht ankommend. All das an einem Tage, ohne wahnsinnig früh aufzustehen, mit einem ausgedehnten Zwischenaufenthalt sowohl in Madrid als auch in Barcelona, und in Port Bou mit genug Zeit für einen Rundgang (bei Tageslicht!), der einem das Bedeutendste des Ortes zu sehen erlaubt.
Bei der Redaktion dieses Eintrages stieß ich im Netz auf diesen Artikel von Les Back, der mir sehr gut zu sein schien:
Beaches and graveyards. Europe's haunted borders (veröffentlicht auf Englisch am 30.5.2008).
Die Übersetzung ins Deutsche wurde am 2.9.2008 veröffentlicht:
Strände und Friedhöfe. Die Gespenster der europäischen Grenzen
Ich empfehle diesen Artikel sehr, weil sein Verfasser das, was heute geschieht, auf das bezieht, was sieben Jahrzehnte vorher in Port Bou geschah, und weil er viel an den Stellen sagt, an denen ich mich sehr kurz gefaßt habe.
Im September kam 1940 Walter Benjamin, deutscher Philosoph auf der Flucht vor den Schergen des deutschen Faschismus, der auch in Frankreich den Ton angab, unter Umständen, die mit den meinen nichts zu tun hatten, in Port Bou an, nach Überquerung der Berge zu Fuß und unter den Bedingungen der Klandestinität. Und bald nachdem er Quartier gefunden hatte wurde er gefangengenommen:
Bevor ich seinen Spuren folgte (und nachdem ich für meine Übernachtung gesorgt hatte) machte ich einen Spaziergang die Bucht entlang und stieß auf dieses Kunstwerk, das mich in gewisser Weise bereits vorwegfühlen ließ, was man anschließend erlebt, wenn man der
Route Walter Benjamin folgt:
Zuvor aber, es ist heiß und der Ermüdung der Reise wegen, erlaube ich mir eine Pause:
Es sind wirklich nur sehr wenige Schritte, die es bedeutet, diesen Wegweisungen zu folgen:
Bald gelangt man zum sogenannten
Mirador de Walter Benjamin (Walter-Benjamin-Aussichtspunkt), der in der Tat ein beeindruckendes Panorama sehen läßt:
... obgleich Walter Benjamin, auf dem Weg ins Exil, seiner existentiellen Sorgen wegen nicht zu diesem Punkt mit wunderbaren Aussichten auf die Bucht aufgestiegen sein wird.
Während man Port Bou sehr dankbar sein muß für seine Bemühungen, das Andenken an Benjamin lebendig zu halten, schuldet dieser Ort, der der Aufhebung der Grenze zu Frankreich wegen in die Krise geriet, ihm ebensoviel, der Menschen wegen, die just deswegen in Port Bou vorbeikommen, ein Tourismus, der durch ein kluges
Marketing der Stadtverwaltung gefördert wird.
Ich gehe zum Friedhof, neben dessen Eingang sich noch die Tafel befindet, die dort auch schon war, als ich vor Jahrzehnten das erste Mal hier vorbeikam:
Zu schlicht diese Tafel, das
Marketing verlangt ein schlagenderes Symbol:
... ein Grab, das kein Grab ist, weil die sterblichen Reste Benjamins, nachdem sie fünf Jahre in einer Nische des Friedhofs (nach einem katholischen Begräbnis, das man, aus welchen Gründen auch immer, einem Juden gab - ein Irrtum, der mir einen der menschlichsten Züge dieser Episode zu bilden scheint) geruht hatten, in ein Massengrab überführt wurden.
Und jetzt zum Sich-drauf-Einlassen und zum Kennenlernen der Gedenkstätte, die von Dani Karavan in den 90er Jahren geschaffen worden ist:
Mir gefiel dieser Gedenkplatz: er schafft es, fühlen zu lassen, was er zum Ausdruck bringen will.
Anschließend zurück in den Ort und zu dem Haus der damaligen
Pension Francia, in der sich Walter Benjamin und die übrigen Flüchtlinge einquartiert hatten und in der er starb:
1 Kommentar:
Danke für diesen interessanten Artikel und auch für den Link zu dem Eurozine-Artikel. Ich glaube, dass ich diesen Gedenkort lieber im Internet als in echt sehen will...
Liebe Grüße, Marie
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