Donnerstag, 6. Januar 2011

Vor kurzem unmöglich und unvorstellbar ...

... war es (und zwar bis Mitte Dezember vergangenen Jahres, als der Hochgeschwindigkeitszug zwischen Madrid und Valencia eingweiht wurde), mit dem Zug an einem einzigen Tag von einem Dorf der Provinz Segovia nach Barcelona zu kommen. Gewiß, es war bis Mitte der 80er Jahre möglich, aber mit der Schließung der Linie von Valladolid nach Ariza (über Aranda de Duero) war Schluß mit dieser Möglichkeit.

Nach Zerstörung einer existierenden Struktur und der Schaffung einer vollkommen neuen Struktur, koste es was es will, ist es jetzt wieder möglich geworden, an einem einzigen Tag im Bus nach Madrid zu fahren, dort in aller Ruhe sich von der Bus- zur Eisenbahnstation (Atocha) zu begeben, und sgar Zeit zu haben, in einer Wirtschaft mit gutem Licht die Zeitung zu lesen.

Im Bahnhof Atocha erinnert eine Tafel an den ersten spanischen Hochgeschwindigkeitszug, der von Madrid nach Sevilla fuhr:

Nehmen wir mal an, daß sich das Datum zufällig ergab und nicht der Bösartigkeit eines Eisenbahnbeamten mit Sympathien zur Monarchie zugeschrieben werden muß, daß es just auf den 61. Jahrestag der Proklamation der Spanischen Republik fiel ....

Aufmerksame und der spanischen Sprache kundige Leser dieser Tafel werden über den Ausdruck primer tren de alta velocidad española stolpern; man erwartet, primer tren de alta velocidad español zu lesen - aber es ist so, daß die spanische Eisenbahngesellschaft sich in den Kopf gesetzt hat, die alta velocidad española als Marke zu führen, und die Marke schlägt halt die grammatischen Regeln ...

Man muß dankbar sein, daß im wesentlichen die Substanz des Bahnhofs Atocha erhalten geblieben ist, obgleich sie drinnen von einem tropischen Wald und Läden und Restaurants überladen ist; als Kontrast nimmt man diesen Winkel mit Sympathie wahr:

Beim Zug nach Valencia angekommen überrascht die Leere des Bahnsteigs, 3 Minuten vor Abfahrt des Zuges (aber es ist auch zu berücksichtigen, daß heute Feiertag ist):

Auf der Suche nach meinem Wagen verwirrte mich ziemlich, daß je zwei Waggons über nur einen einzigen Anzeige-Bildschirm verfügen, auf dem in Sekundenabstand die Wagennummern-Anzeige wechselt, derart, daß man zumindest während kurzer Augenblicke ein ganz bißchen an seinem Verstand zweifelt - ich frage mich, welche Auswirkungen das auf eine Person haben kann, die weniger mit der Welt der Bahn vertraut ist .... Nach Vrlassen des Zugs in Valencia (¡nach einer Reise von nur 95 Minuten!) dokumentierte ich diese Quelle der Verwirrung photographisch:

Beim Verlassen des Bahnhofs Valencia Joaquín Sorolla sieht man von drinnen den Zugang zu den Bahnsteigen, fast genauso wie auf den Flughäfen, mit Apparaten zur Gepäckkontrolle etc.:

In der Bahnhofshalle einige Informationen zu den Hochgeschwindigkeitszügen:

955 km kosteten 12,4 Milliarden EUR. Für die 327 km der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Hannover nach Würzburg stieß ich auf die Angabe von Kosten in Höhe von 6,1 Milliarden EUR (in Preisen der 80er und 90er Jahre). So gesehen und ohne tiefere Kenntnisse (von den Bedingungen des Geländes etc.) war die Investition in Spanien nicht teuer.

Um die Vergleiche fortzusetzen: die Fahrkarte zum Normaltarif kostet für den Hochgeschwindigkeitszug von Madrid nach Valencia 80 EUR; im sogenannten Estrella-Tarif kostet sie 48 EUR, mit dem Web-Tarif nur 32 EUR.

Wie bei den deutschen Eisenbahnen ist auch in Spanien die Quote der zu reduzierten Preisen zum Verkauf kommenden Fahrkarten absolut intransparent. Bei der heutigen Reise hatte ich Glück und ich vermochte eine Fahrkarte zum billigsten Tarif (Web) zu bekommen, aber zu diesem Preis eine Fahrkarte zu bekommen ist sehr schwierig; weniger unmöglich scheint mir die Möglichkeit zu sein, Fahrkarten zum Tarif Estrella zu erhalten.

In Deutschland muß man im Normaltarif 81 EUR für die Fahrt von Hannover nach Würzburg bezahlen. Mit etwas Glück bekommt man die Fahrkarte für 34 EUR, und mit außerordentlich viel Glück auch für 29 EUR.- Aber man muß dazusagen, daß viele Bahnfahrer sich für 230 EUR im Jahr eine Karte kaufen, die es ihnen erlaubt, auf allen Strecken und Verbindungen für den halben Preis zu fahren, das heißt im Fall der einfachen Fahrt von Hannover nach Würzburg für 40,50 EUR.

Wenn man die deutschen Tarife auf die Strecke Madrid --> Valencia anwendet, ergäbe sich für den Normaltarif 97 EUR und für die reduzierten Tarife Preise von 41 EUR bzw. 35 EUR. Das heißt: in Spanien mit der Eisenbahn fahren kommt noch nicht viel, aber etwas billiger als in Deutschland.

Zumindest während einiger Jahre hat Valencia nun zwei Bahnhöfe. Umso besser, daß es von Valencia Joaquín Sorolla zum "alten", dem Nordbahnhof auch zu Fuß nicht weit ist, weniger als 20 Minuten, und daß es außerdem für die, die umsteigen müssen, einen kostenlosen Busverkehr gibt.

Da ich genug Zeit und wenig Gepäck hatte, ging ich zu Fuß und nutzte die Gelegenheit, die Schönheit des Nordbahnhofs aufzunehmen:

In der Halle des Nordbahnhofs, immerhin ist es der Bahnhof, auf dem und von dem noch die allermeisten Züge ankommen und abfahren, und außerdem der, der viel zentraler als Valencia Joaquín Sorolla liegt, entdeckte ich folgenden Hinweis:

Es ist unglaublich wie die Eisenbahngesellschaft ihre Kunden behandelt: Zum Vorverkauf von Fahrkarten und zur Reservierung von Plätzen muß man sich auf den Weg zum Bahnhof Joaquín Sorolla machen!

Nun gut, wie dem auch sei: ich nahm den Zug nach Barcelona und nach einer Fahrt von 3 1/2 Stunden kam ich pünktlich dort an. Und das ist wirklich der Erwähnung wert: daß es, wenn man um 9 Uhr den Bus in der Nähe eines Dorfes der Provinz Segovia nimmt, man gegen Viertel vor 9 Uhr abends in Barcelona sein kann.

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