Donnerstag, 27. Dezember 2012

Zensur mittels einer Übereinkunft

Morgens pflege ich der Sendung von Radio Nacional de España (1. Hörfunk-Programm) zu folgen. Ich habe angenehme Erinnerungen an die Moderation von Juan Ramón Lucas, in seinem Magazin das sich En días como hoy (in etwa: An Tagen wie heute) nannte.

Danach, im November 2011, gab es Wahlen in Spanien, bei denen die Rechte gewann, und vor diesem Hintergrund gab es im Sommer 2012 einen Wechsel in der Leitung von Radio Televisión Española (Spanisches Radio und Fernsehen) und Leopoldo González-Echenique wurde Direktor und beschloß offensichtlich, daß die Spanier morgens von einem anderen Moderator, Manolo HH genannt, besser begleitet würden, von einem Magazin, das nicht mehr wie früher sondern nunmehr El día menos pensado (in etwa: Der Tag, an den man am wenigsten gedacht hätte).

So stimmt uns das erste Hörfunk-Programm des öffentlich-rechtlichen Radios in Spanien morgens gegen die Katalonier ein, die vorhaben, von ihrem Recht auf Selbstbestimmung Gebrauch zu machen, und verschont uns nicht davon, von allen Bemühungen zu erfahren, mit denen das Königshaus versucht, seinen recht ramponierten Ruf zu verbessern - um nur 2 Beispiele zu nennen. Kurzum: Manolo HH funktioniert gut, vom Standpunkt der Regierung in Madrid aus gesehen.

Aber es geht noch weiter: Die Nachrichtenagentur EFE meldet heute:
Der alto comisionado (Hohe Bevollmächtigte) für die Marke Spanien, Carlos Espinosa de los Monteros, hat heute eine Vereinbarung über Zusammenarbeit mit dem Präsidenten von RTVE, Leopoldo González-Echenique, unterzeichnet, um das Erscheinungsbild des Landes sowohl im Ausland als auch in seinem Inneren zu fördern.
Er betonte dabei: "Wenn wir ein Bild Spaniens als eines modernen, engagierten und solidarischen Landes projizieren wollen, müssen wir eine große Anstrengung unternehmen, damit die Spanier den Stolz der Zugehörigkeit zu diesem Land fühlen, damit sie seine Werte kennen, wissen, welches die Grundlagen sind, derer sie sich stolz fühlen können, und damit sie ausgehend von dieser Kenntnis sie nach außen projizieren",   y a partir de ese conocimiento lo puedan proyectar hacia el exterior".
Alto comisionado für die Marke Spanien - wohl jeder wird sich fragen, was das ist; vor einiger Zeit hatte ich in diesem Netztagebuch (Eintrag vom 25.9.2012) zu erklären versucht, welches die Rolle dieser Regierungsbehörde ist, zugegebenermaßen von meinem Blickwinkel aus.

Man fragt sich folgendes: Entspricht es dem Berufsethos des Journalisten, den Stolz der Zugehörigkeit zu seinem Land beim Hörer oder Leser zu fördern? Bildet es nicht mehr seine Hauptaufgabe, über das zu informieren, was in der Realität seines Landes und in der Welt, und nicht mehr? Handelt es sich hier nicht um einen Fall einer recht subtilen Zensur?

(Etwas ähnliches, das Gefühl des Stolzes, zu einem bestimmten Land zu gehören, forderte dieser Tage übrigens auch der russische Regierungschef ...).

Keine Kommentare: